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Feh­ler­haf­te Abitu­ri­en­ten­zahl des Sta­tis­ti­schen Bundesamtes

    22.11.2018 — Das sta­tis­ti­sche Bun­des­amt ver­öf­fent­lich­te die­ser Tage bri­san­te Zah­len: Wäh­rend im Bun­des­durch­schnitt 34,7 Pro­zent aller Schü­ler das Abitur­zeug­nis nach Hau­se brin­gen, läge die­se Zahl im Kreis von nburg nur bei 21 Pro­zent. Ist der Land­kreis damit in Sachen höhe­re Schul­bil­dung abge­hängt? Nein, denn der Land­kreis Clop­pen­burg wies der Wies­ba­de­ner Behör­de einen Rechen­feh­ler nach: Bei der Berech­nung der Abitu­ri­en­ten­quo­te ver­gaß das sta­tis­ti­sche Bun­des­amt, dass es neben einem all­ge­mein­bil­den­den auch ein berufs­bil­den­des Schul­we­sen gibt.

    Die­ser Lap­sus ist bezeich­nend für die gera­de im groß­städ­ti­schen Bereich noch immer vor­herr­schen­de Fehl­wahr­neh­mung der Berufs­bil­den­den Schu­len. Denn unter ihrem Dach fin­det man nicht nur die klas­si­sche Berufs­schu­le. Ins­ge­samt hält die BBS am Muse­ums­dorf mehr als 30 Schul­for­men und Qua­li­fi­zie­rungs­an­ge­bo­te vor. Dar­un­ter die Beruf­li­chen Gym­na­si­en, an denen im Jahr 2018 ins­ge­samt 133 Schü­ler die all­ge­mei­ne Hoch­schul­rei­fe erwor­ben haben. Immer­hin jeder drit­te Schü­ler erwirbt nach Berech­nung des Land­krei­ses Clop­pen­burg in unse­rer Regi­on sein Abitur an einem Beruf­li­chen Gymnasium.

    „Der wei­ter­füh­ren­den Bil­dungs­kar­rie­re eines jun­gen Men­schen ist mit dem Besuch einer Real- oder Ober­schu­le noch lan­ge kein Rie­gel vor­ge­scho­ben“, so der Schul­lei­ter der BBS am Muse­ums­dorf Gün­ter Lüb­ke. Gera­de Schü­lern, die über die Real- und Ober­schu­len das Rei­fe­zeug­nis anstre­ben, fal­le das Ler­nen leich­ter, wenn die Inhal­te über einen kon­kre­ten Berufs­be­zug ver­mit­telt wer­den, wie dies an den Beruf­li­chen Gym­na­si­en prak­ti­ziert wer­de. Und ent­ge­gen ver­brei­te­ten Vor­ur­tei­len erwer­ben die Schü­ler hier nicht etwa eine „berufs­be­zo­ge­ne“, son­dern die all­ge­mei­ne Hoch­schul­rei­fe. Auch ein ehe­ma­li­ger Real- oder Ober­schü­ler kann sich so für ein Medi­zin- oder Jura­stu­di­um qualifizieren.

    Die Zah­len des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes täu­schen außer­dem dar­über hin­weg, dass das Abitur längst nicht mehr der ein­zi­ge Weg an eine Hoch­schu­le ist: Seit 2012 ist die Auf­nah­me eines Uni­ver­si­täts­stu­di­ums auch mit einer abge­schlos­sen Berufs­aus­bil­dung in Ver­bin­dung mit dem Nach­weis ent­spre­chen­der Berufs­er­fah­rung möglich.

    Unter­schla­gen wer­den darf auch nicht die Bedeu­tung der Fach­hoch­schul­rei­fe: So berech­tigt der erfolg­rei­che Abschluss einer Fach­ober­schu­le (etwa in den Berufs­be­rei­chen Wirt­schaft, Gesund­heit und Pfle­ge, Erzie­hung und Haus­wirt­schaft oder Sozi­al­päd­ago­gik) bezie­hungs­wei­se einer Fach­schu­le (z.B. in den Berufs­be­rei­chen Agrar­wirt­schaft oder Sozi­al­päd­ago­gik) zum Besuch einer Hoch­schu­le in allen Län­dern der Bun­des­re­pu­blik. Der Fach­schul­ab­schluss ist ent­spre­chend des Deut­schen Qua­li­fi­ka­ti­ons­rah­mens (DQR) sogar dem Bache­lor-Abschluss gleichgestellt.

    An den BBS am Muse­ums­dorf erwar­ben im Jahr 2018 über den Besuch einer Fach­ober­schu­le oder einer Fach­schu­le immer­hin 195 Schü­ler ihre Berech­ti­gung zum Stu­di­um an einer Fachhochschule.

    Zudem kann von der Hoch­schu­le bei­spiels­wei­se der Abschluss als Erzieher/Erzieherin mit bis zu 90 Credit-Points auf ein ein­schlä­gi­ges Stu­di­um ange­rech­net werden.

    Die Behaup­tung, dass dem Land­kreis Clop­pen­burg in Sachen höhe­rer Schul­bil­dung nur die Rol­le eines Schluss­lichts zukom­me, sei, so Gün­ter Lüb­ke, auf die ein­sei­ti­ge Inter­pre­ta­ti­on eines zudem noch feh­ler­haf­ten Zah­len­werks zurückzuführen.